Ziviles römisches Leben

Das zivile römische Leben spielt neben dem Aufbau des römischen Militärs mit Stabs- und Verwaltungsapparat einen wesentlichen Aspekt unserer historischen Forschung und Darstellung. Der Fokus richtet sich dabei nicht auf einen bestimmten zeitlichen oder geographischen Rahmen, sondern spannt einen weiten Bogen und beinhaltet auch religiöse und spirituelle Aspekte.

Vorrömische Zeit – Die Etrusker

Die Etrusker waren im nördlichen Mittelitalien angesiedelt und erlebten ihre Blüte im 6. und frühen 5. Jahrhundert, wovon zahlreiche archäologische Funde zeugen: Als Beispiel seien die zahlreichen erhaltenen Bildnisse aus den Nekropolen von Cerveteri und Tarquinia erwähnt, welche die Aristokratie bei der Jagd, beim Gastmahl und bei Festessen repräsentieren. Neben der wirtschaftlichen Blüte erlebte auch die etruskische Kunst eine Blüte, vor allem die Produkte aus Bronze und Buccherokeramik, welche auf rege Handelskontakte mit den Griechen und Phöniziern schließen lassen. Die etruskischen Frauen hatten, anders als bei den Griechen, eine beinahe gleichberechtigte Stellung in der grundsätzlich patriarchalischen Gesellschaft.

Etrurien wurde von den Römern Zug um Zug erobert und nach dem Bundesgenossenkrieg der Jahre 91-88 v. Chr. vollständig in den römischen Staat integriert und alle Etrusker erhielten das römische Bürgerrecht.

Etruskerin

Die frühe römische Kaiserzeit

Sozialstruktur

Die Sozialstruktur der kaiserzeitlichen römischen Gesellschaft lässt sich gut in Form einer Pyramide darstellen: An der Spitze der Kaiser mit seiner familia, gefolgt von den Senatoren, dem Ritterstand und der Oberschicht der Städte des Reiches. Die gewaltige Masse der Unterschicht bildeten Freigeborene, Freigelassene und Sklaven – sie alle waren von öffentlichen Ämtern und der Machtausübung ausgeschlossen.

Die römische Familie

Pater familias

Der pater familias war das Oberhaupt einer Familie, in dessen uneingeschränkter Gewalt seine Ehefrau, die Kinder und deren Ehefrauen, Enkel, Sklaven etc. standen. Ihm oblagen die Bewirtschaftung des Familienguts, die politische Betätigung und die Leitung des Familienkults.

Die offizielle Tracht eines römischen Bürgers bestand aus der Tunika als Untergewand und der Toga darüber. Letztere wurde bei offiziellen Anlässen in der Öffentlichkeit angelegt, was der Hilfe von Dienern bzw. Sklaven bedurfte. Breite oder schmale purpurne Streifen (Sing. clavus) auf dem Stoff der Tunika und Toga bezeichneten den sozialen Rang und die administrative Stellung des Trägers.

Pater familias
Die Frau (mater familias)

Die römische Frau stand bis auf wenige Ausnahmen lebenslang unter der Vormundschaft ihres Vaters oder Ehemanns und ihre Aufgabe wurde vor allem in der Ehe und Mutterschaft gesehen. Darüber hinaus leitete sie den Hausstand mit Dienerschaft und Sklaven und konnte sich frei in der Öffentlichkeit bewegen.

Die römische Frau trug üblicherweise die Tunika, während die matrona, die verheiratete Frau, über der Tunika als Untergewand die Stola als Tracht trug. Ging die römische Dame außer Haus, trug sie als Obergewand noch die Palla, ein rechteckiges Manteltuch, mit dem sie auch ihr Haupt bedeckte.

Die bekannteste vorbildhafte und tugendhafte Verkörperung der matrona findet sich in Livia, der Gemahlin Kaiser Augustus‘. Ihre Haartracht, Kleidung und Schmuck bestimmten die Mode der Zeit und auch später sind es die Gattinnen der Kaiser, welche die jeweilige Mode der römischen Damen bestimmten und prägten.

römische Matrona
Kinder

Natürlich gehörten auch Kinder zur römischen Familie. Für die Beaufsichtigung und Erziehung von Kleinkindern war die römische Frau verantwortlich, wobei diese dies oftmals Sklaven übertrug. Römische Kinder gingen zur Schule oder wurden von Privatlehrern, meist griechische Sklaven, unterrichtet, wobei auch die Mädchen der höheren Stände eine elementare Schulausbildung erhielten. Im Alter von 12 Jahren galten die Mädchen dann als heiratsfähig. Die Eheschließungen unterlagen meist politischen Motivationen und wurden von den Eltern bzw. dem Bräutigam, der oftmals wesentlich älter war als die Braut, und den Eltern der Braut abgesprochen. Die Hochzeit war eine religiöse Zeremonie, die ganz bestimmten Regeln und Riten unterworfen war.

Knaben wurden mit 16 Jahren volljährig, vorher trugen sie die Bulla und toga praetexta.

römische Mutter mit Kind
Sklaven

Anders als nach unserem heutigen Verständnis, gehörten zur römischen Familie neben der Frau, dem Mann und den Kindern alle weiteren im Haus lebenden Menschen, also z. B. auch die Schwiegermutter, unverheiratete Angehörige sowie die Bediensteten und Sklaven. Sklaven befanden sich in der vollständigen Verfügungsgewalt ihres Herrn und konnten selbstbestimmt keine Geschäfte abschließen.

Es gab jedoch auch innerhalb der Sklaven eine deutliche Abstufung der sozialen Stellung: So hatte der Haussklave eine besondere Stellung, vor allem Ammen und Pädagogen. Auch kann man einen Gewand- und Frisiersklaven nicht mit einem Sklaven gleichsetzen oder vergleichen, der täglich auf dem Land Feldarbeit zu leisten hatte.

Zwar konnten sich Sklaven freikaufen oder freigelassen werden, aber dennoch blieben sie meistens ihr Leben lang in sozialer und gesellschaftlicher Abhängigkeit ihres früheren Herrn.

r&oum;mischer Hauslehrer

Religiosität/Spiritualität

Im Leben der Antike waren Religion und Staat aufs engste miteinander verbunden und so spielten Religiosität und Spiritualität eine große Rolle und beeinflussten auf die eine oder andere Art das gesamte Leben, auch das private.

Pontifices überwachten die Kulthandlungen auf die genaue Einhaltung der Riten bei Gebeten, Opferhandlungen, beim Votum, bei Dedikationen, bei der Einholung von Prodigien und beim Totenkult. Auch die schon erwähnte Hochzeitszeremonie gehört in den Bereich des religiösen Lebens.

Es gab zahlreiche unterschiedliche Priesterkollegien, wobei die Vestalinnen das einzig weibliche Kollegium waren. Sie überwachten das römische Herdfeuer, das nicht erlöschen durfte und als Garant für den Fortbestand des römischen Staates/der römischen Gesellschaft galt.

In den Bereich der Religiosität bzw. Spiritualität gehören auch Orakelbefragungen, Verfluchungsriten und Mysterienkulte, deren Liturgie und Lehren vor Außenstehenden geheim gehalten wurden. Zu den Mysterienkulten gehören u. a. der Mithraskult, die Eleusinischen Mysterien und der Isiskult, welche sich in der Kaiserzeit und Spätantike im Römischen Reich verbreiteten. Man geht davon aus, dass diese Kulte durch die römischen Legionäre und Kaufleute ins Römische Reich gebracht und verbreitet wurden.

römische Weihezeremonie
römisches Hochzeitspaar

Die Provinzen

Die Eroberung von Gebieten außerhalb italischen Bodens sowie der Austausch und Handel mit den Provinzen hatte Einfluss auf den Lebensstil des römischen Bürgers: Das Wetter oft herber und härter als in Rom oder Italien, mussten sich die Menschen nicht nur kulturell, sondern auch kleidungstechnisch anpassen. Dadurch unterscheidet sich die dortige Mode oft grundsätzlich von der stadtrömischen, schon allein aufgrund ihrer Funktionalität. Römische Legionäre wurden vor Ort stationiert und Veteranen bekamen Siedlungsland, so entstand eine Vermischung beider Kulturen und Lebensweisen. Aber nicht nur die Römer passten sich an, sondern auch die Bewohner der Provinzen übernahmen die Vorzüge der römischen Lebensweise. Dies ist deutlich zu sehen auf dem Grabstein des Reederehepaares Blussus und Menimane (frühes 1. Jh. n. Chr.), deren Tracht einerseits provinzielle Eigenheiten bewahrt hat, andererseits durchaus vom wirtschaftlichen Aufschwung durch die Romanisierung zeugt.

Blussus und Menimane

Spätantike und Palmyra

Wie die Etrusker vor der Blüte des Römischen Reiches Betrachtung finden, so wird der Blick auch auf die Spätzeit gerichtet, als das Römische Reich zerfällt. Während das Weströmische Reich bald den Stürmen der sog. Barbaren unterliegt, blüht das Oströmische Reich nochmals auf. Die Mode wird immer prachtvoller, aufwändiger und pompöser, wovon unter anderem Zenobia, palmyrische Königin, als auch andere spätantike Damenkleider zeugen.

Die Oase Palmyra war die Handelsdrehscheibe zwischen Ost und West, was blühende Wirtschaft und Reichtum für die Bürger bedeutete. Die prächtige, mit Stickereien und Edelsteinen verzierte Tracht von Männern und Frauen ist gut belegt durch zahlreiche Statuen. Königin Zenobia (um 275 n. Chr.) ist die letzte bedeutende Vertreterin dieser Kultur.

Zenobia von Palmyra

Etwa zeitgleich wurde auf Sizilien die sog. Villa Casale bei Piazza Armerina erbaut. Wer der Besitzer dieses pompösen Anwesens war, lässt sich nicht mit letzter Sicherheit klären, aber die Dame des Hauses ist auf einem Mosaik zu sehen. Sie trägt ein ganz und gar purpurn gefärbtes Gewand mit bestickten Seidenclavi und einen safrangefärbten Schleier. Auch hier zeigt sich die Pracht der Spätantike.

Villa Casale

Impressionen

tempora mutantur, et nos mutamur in illis...